Am Vorabend des GVNW-Symposiums in München warnte Alexander Mahnke, Vorsitzender des Gesamtverbands der versicherungsnehmenden Wirtschaft e.V. (GVNW)und CEO Insurance (Bereich Controlling & Finance, Financing) bei Siemens, vor den Herausforderungen einer Verhärtung des Industrieversicherungsmarktes, der Digitalisierung und vor Silent Cyber.

In einem Gespräch mit StrategicRISK vor seiner Eröffnungsrede beim Symposium sagte Mahnke: „Wenn Sie sich die Kostenstruktur von Versicherungen ansehen und auch die Tatsache, dass wir – in einigen Branchen – mit einer Marktverhärtung konfrontiert werden könnten, werden Themen wie Automatisierung und neue Technologien, die uns und unseren Partnern helfen könnten, kosteneffizienter zu werden, immer wichtiger.”

„Ganz ehrlich, bevor wir höhere Prämien akzeptieren könnten, müssen wir zunächst einmal Kostentransparenz verlangen, sowohl hinsichtlich der administrativen wie auch der Vertriebskosten”, fügte er hinzu.

„Die Chance, Geschäftsmodelle in der Versicherungsbranche zu verbessern und die Kapitalkosten zu senken, ist zum Nutzen aller Interessenvertreter”, so Mahnke.

„Wenn Sie sich ansehen, was wir im Versicherungswesen haben, dann geht es immer um die Daten”, sagte er. „Und wer hat die Daten? Wir haben sie. Und was wir für die Anwendung vieler dieser neuen Technologien brauchen, sind die Daten.

Daher könnte die Versicherungsbranche durchaus in der Lage sein, durch die Nutzung der Daten ihrer Kunden, und natürlich Hand in Hand mit ihren Kunden, interessante neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.”

„Herkömmlicherweise wird die Versicherungsbranche bei ihrem Ansatz zu neuen Technologien immer etwas als Nachzügler betrachtet. Aber dies beginnt sich nun zu ändern”, sagte Mahnke.

„Man kann sagen, dass sich dies aus zwei Gründen in den letzten paar Jahren bereits geändert hat”, erklärte er. „Jeder versteht nun, dass selbst die Industrieversicherungsbranche von neuen Technologien betroffen sein wird - daher kann niemand weiter behaupten, dass dies nur etwas für Privatversicherungen ist und unser Geschäft und unsere Geschäftsmodelle nicht verändern werden.”

„Und für viele der großen Versicherungsgruppen, die in Bezug auf ihre IT Legacy-Probleme haben, ist dies eine großartige Chance, diese Legacy-Probleme zu lösen”, fuhr er fort. „Wenn Sie einen Blick hinter die Kulissen werfen, geht es hauptsächlich ums Budget. Ich sehe inzwischen, dass sich die Budgets dieser Versicherer in Bezug auf IT-Kosten und IT-Ausgaben dramatisch verbessern, und das zu Recht.“

Mahnke führte weiter aus, dass das Thema Digitalisierung bei den Hauptvorträgen an Tag eins und zwei der Konferenz wichtig sein würde. Diese Vorträge wurden von Giulio Terzariol, CFO und Vorstandsmitglied bei Allianz SE bzw. Eric Andersen, Co-Präsident von Aon plc. gehalten.

Auf einen härter werdenden Markt reagieren

Ein weiteres Thema, von dem er glaubt, dass es die Diskussionen beim Symposium dominieren wird, ist der härter werdende Industrieversicherungsmarkt. „Insbesondere die Prämienanstiege bei Sach- und BU-Versicherungen. Einige Versicherer haben damit begonnen, stark auf höhere Prämien zu drängen, und einige haben angefangen, Kapazitäten zurück zu zeichnen.”

„Dies ist etwas, wozu wir im Namen unserer Mitglieder eine Meinung haben”, fuhr er fort. „Und es geht nicht darum, uns grundsätzlich der Diskussion hierüber zu entziehen, sondern darum zu verstehen, welcher Teil der Forderungen begründet ist und wie wir ihnen Rechnung tragen können. Denn wir wissen alle, dass Industrieversicherungsprämien in einigen Bereiche für die Versicherer möglicherweise zu niedrig kalkuliert waren, um hiermit Geld zu verdienen. Daher muss eine solche Diskussion zwischen der versicherungsnehmenden Wirtschaft und den Industrieversicherern, wenn sie geführt wird, mit Augenmaß erfolgen”, fügte er hinzu.

„Dabei sind wir der Meinung, dass einige der Versicherer, bevor sie höhere Prämien verlangen können, sich zunächst einmal ihre internen, d.h. administrativen und IT-Kosten sowie die Kosten für ihre Vertriebskanäle ansehen sollten.”

Silent Cyber

Wenn es um die Frage „Silent Cyber“ oder besser: „non-affirmative“-Cyber geht, stellte Mahnke fest, dass die die Cyber-Kapazitäten in den vergangenen 12 Monaten teils signifikant reduziert oder Schritte ergriffen wurden, um Cyber-Risiken aus traditionellen Deckungskonzepten auszuschließen.

Die Mondelez-Klage und der daraus resultierende Rechtsstreit zwischen dem Süßwaren-Riesen und dessen Versicherer Zurich, die in den Medien viel Beachtung fanden, ist ein Grund weshalb „Silent Cyber“ nun bei vielen Versicherungsträgern weiter oben auf der Agenda steht. Die umstrittene Forderung, die im Rahmen der Sachversicherungspolice des Unternehmens erfolgte, resultierte auch aus den Folgen des NotPetya Cyber-Angriffs im Sommer 2017 auf bestehende Deckungen.

Das britische Versicherungs-Governance-Unternehmen Mactavish löste ebenfalls Diskussionen aus, als es in einem Bericht im November 2018 den Wert von Cyber-Versicherungen in Frage stellte. Es betrachtete acht „Deckungsmängel”, von denen behauptet wurde, dass sie über die Versicherungsbranche hinweg vorherrschend seien. Es behauptete weiter, dass „Cyber-Versicherungspolicen den Bedürfnissen, für die sie den Kunden verkauft worden waren, nicht gerecht würden”.

Mahnke sagte, dass es für die Versicherten wichtig ist eine Deckung zu haben, die beim Auftreten eines Anspruchs wie erwartet reagiert. „Wenn Sie mit einigen der reiferen Cyber-Märkte in den USA und Großbritannien sprechen, dann werden die Versicherer Ihnen sagen, ’dass dies keine Angelegenheit für sie sei‘, da sie wissen welche, Risiken wo versichert sind”, sagte er.

„Unterdessen scheinen einige der neuen Märkte – v.a. jene, die neu im Bereich Cyber-Versicherung sind - dies komplett vernachlässigt zu haben. Wenn es um „Silent Cyber“ geht, dann ist dies in erster Linie ein internes Versichererproblem, und ich werde die Versicherer im Namen unserer Mitglieder weiter darauf hinweisen.”